Samstag, 12. Juni 2010

Blaues Licht




Immer öfter findet man in öffentlichen Toilettenanlagen auch blaues Licht, damit Fixer sich keine Drogen spritzen können. Durch das blaue Licht sind die Adern nicht erkennbar und man versucht damit gegen Drogenkonsum anzugehen, obwohl es keine Bekämpfung der eigentlichen Ursache ist. Die Stadt Wels betreibt seit kurzem immer mehr öffentliche Toilettenanlagen, in die nachträglich blaues Licht installiert wurde, auch in Köln hat sogar der Starbucks nur dieses Licht auf den WCs und in Wien finden sich ebenfalls einige Beispiele. Besonders in dem neuen Gebäude der TU wurde auf jedem Stockwerk blaues Licht in die Toiletten eingebaut, damit Drogensüchtige vom Karlsplatz fern gehalten werden. Das dubiose dabei ist, dass es sogar auf den obersten Stockwerken ausschließlich Toiletten mit blauem Licht gibt, obwohl diese nur mit einem speziellen Schlüssel zugänglich sind, den nur die Mitarbeiter der TU haben.

Das blaue Licht ist somit ein immer häufiger gesichtetes Phänomen innerhalb der Toilettenlandschaf, aber leider verscheucht seine Wirkungsweise auch diejenigen, die nicht vorhaben, sich eine Spritze in den Arm zu rammen, denn durch das Licht sieht man nicht sehr gut, schon gar nicht, ob eine Toilette sauber ist, oder nicht. Die gezielte Einflussnahme auf das Sichtfeld und die Wahrnehmung des Benutzers wird dabei als unangenehm aufgefasst und trägt nicht gerade zu einem Wohlgefühl auf einer solchen Toilette bei.

Da zum Verständnis des blauen Lichts ein Wetlwissen über die unmittelbare Umgebung für dessen Nutzungsweise benötigt wird, ist auch hier wieder ein Verweiß auf einen anderen Ort gegeben, der sich indirekt durch das blaue Licht widerspiegelt. Der Nutzeffekt ist aber stets zu hinterfragen, da diese Art von Klo zwar auch die Verwirklichung einer gesellschaftlichen Vorstellung ist, aber wohl kaum eine größere Auswirkung auf Drogensüchtige haben wird.

Freitag, 11. Juni 2010

Genealogie des Klos 5 - Ausprägungen und Verschleierung

Mit der Einführung der Kanalisation kam auch die Etablierung öffentlicher Bedürfnissanlagen in das moderne Stadtbild. Heute gehört das Klo in den westlichen Gesellschaften zum guten Ton und es gibt sogar allerhand Gesetzte zum Thema WC, beispielsweise ab welcher größe ein Restaurant auch über ein Klo verfügen muss. Überall in der Welt gibt es öffentliche Bedürfnisanstalten in diversen Ausführungen: im ländlichen China setzt man sich beispielsweise auf einen Trog, in Indien sind Hocktoiletten angesagt, WC-Anlagen in Italien haben fast alle einen Lüfter gegen den Geruch, in Singapur ist die Betätigung der Spülung gesetzlich vorgeschrieben, in entlegenen Regionen dieser Welt ist meistens eine Art Plumsklo zu finden, in Teilen Kanadas darf man keine Nutzungsgebühr erheben, Dixieklos sind oftmals Begleiter von Festivals und selbst in Bahn und Flugzeug muss der Reisende nicht auf ein Klo verzichten, das hier auf einem Unterdrucksystem basiert.



Was neuer Erfindungen wie der Roadbag (bessere "Plastikflasche" für unterwegs) oder im Sitz integrierte WC-Schalen in chinesischen Autos (speziell für das Bedürfnis im Stau) allesamt verschweigen, ist die Tatsache, dass sehr viele Menschen auf dieser Welt keinen Zugang zu öffentlichen Toiletten haben und in erbärmlichen hygienischen Verhältnissen leben. Beinahe 40% der Weltbevölkerung muss die Notdurft in Gruben, am Wegesrand oder in notdürftigen Behelfnissen verrichten und etwa 2,6 Milliarden Menschen haben überhaupt keinen Zugang zu sanitären Anlagen irgendeiner Art.

Der selbstverständliche Vorgang der Toilettennutzung aufgrund von gesellschaftlicher Gewordenheit, die damit verbundene artifizielle Instrumentalisierung des Stoffwechsels und dessen Eindämmung auf bestimmte Räumlichkeiten wird bei der Benutzung einer heterotopen Örtlichkeit kaschiert, da es für uns ein alltäglicher Usus ist, über den meist nicht nachgedacht wird. Das Bedürfnis der Gesellschaft geht hier eindeutig in Richtung Verschleierung von natürlichen Bedürfnissen, da diese vermehrt als schamhaft und nicht gesellschaftstauglich angesehen werden. Durch die Etablierung von gewissen gesellschaftlichen Normen im Umgang mit der Notdurft, kommt es zur Unterscheidung zwischen gesellschaftlich akzeptablem Verhalten und einem, das nicht den gängigen Konventionen entspricht und damit als unnormal gilt, obwohl es in Anbetracht der Tatsache, dass der Mensch vom Affen abstammt, allemal natürlicher wäre.

Berliner Mauer-WC in Las Vegas



In diesen semi-öffentlichen Toiletten in einem Casino in Las Vegas paart sich Funktionalität mit Geschichte, denn die Pissoirs sind an echten Überresten der Berliner Mauer befestigt und man erkennt noch die original Graffitis aus der Zeit der Zweiteilung zwischen DDR und BRD. In dem Klo finden sich somit nicht nur zeitliche Sprünge, sondern auch in besonderem Maße räumliche Distanzen, die überbrückt werden. Der Triumph über den Kommunismus mit dem Fall der Berliner Mauer wird daher in diesem WC zelebriert und der Benutzer pinkelt jenem buchstäblich ans Bein. Dabei bleibt nicht zu vergessen, dass die Graffitis an der Berliner Mauer oftmals eine politische Meinungsäußerung in einem Staat darstellten, bei dem Überwachung und Bespitzelung an der Tagesordnung war und andersgesinnte Meinungen zu Verhaftungen führen konnten.

Gerade das Verpflanzen eines historischen Objekts mit starker politischer Konnotation in ein Land, das als Wiege des Kapitalismus gilt, besonders in eine Stadt, die als Touristenmagnet durch legales Glücksspiel dient, werden unverträgliche Orte miteinander kombiniert und historische Ereignisse in gewisser Weise aus dem Kontext gerissen, da sie nunmehr der Ausgestaltung eines WCs dienen, einem Ort, der typischerweise nicht zum Verweilen und zur Reflexion einlädt. Dennoch ist über den Pissoirs ein Potpourrie aus Fotos und geschichtlichen Fakten angebracht, die den Nutzer über die Hintergründe aufklären sollen, was jedoch eher im Sinne von Entertainment gedacht ist und, mit Neil Postman gesprochen, als "Infotainment" eine tiefgründigere Mitteilungsebene vereitelt. Die Reste der Berliner Mauer werden somit zum Schauobjekt und im wahrsten Sinne des Wortes zur Stütze des Kapitalismus umgedeutet.

Donnerstag, 10. Juni 2010

Das Urinal für die Frau


Kurioses gibt es zweifellos auch im Bereich der Urinale, wie dieses "She-inal" beweißt. Wie der Name schon andeutet, handelt es sich dabei um ein Urinal für das weibliche Geschlecht. Die Funktionsweise ist dabei recht simpel: frau muss aufgrund eines fehlenden Körperteils durch eine Art Trichterrüssel geholfen werden. Da dieses Teil von jeder Benutzerin genutzt werden müsste, sind diese Urinale nicht sehr gefragt gewesen und der Hersteller hat nach 700 Stück in den 90ern die Produktion eingestellt und seine Rechte an dem "She-inal" verkauft. In manch einem Dairy Queen in Florida kann das "She-inal" trotzdem noch angetroffen werden, wobei es nun eine Attraktion des Erfinderreichtums ist und nicht mehr genutzt wird.

Genealogie des Klos 4 - Nachttopf und Stuhlgang

Mangels Kanalisation hat der Nachttopf eine sehr lange Tradition und praktisch niemand kam an ihm vorbei: in Krankenhäusern, Herbergen und im privaten Raum diente er in einer Zeit ohne Klo mit Wasserspülung der Notdurf, wie der Name schon sagt, besonders in der Nacht.
Entleert wurde er im Mittelalter und der frühen Neuzeit einfach durchs Fenster, im 18. Jahrhundert wurde er dann in manchen Städten morgends vor die Türe gestellt und von der Stadt entleert, um Seuchen vorzubeugen.

Im Laufe der Zeit wurde der Nachttopf auch zu einer Art politischem Statement mit gehassten Persönlichkeiten oder vaterländischen Sprüchen. So waren beispielsweiße Nachttöpfe mit einem Abbild Napoleons am Boden in der Zeit der napoleonischen Kriege sehr beliebt und man tat seine Meinung jedesmal wieder kund, wenn man aufs Klo ging.
Ab dem 18. Jahrhundert kamen dann auch sogenannte Leibstühle in Mode, die nichts anderes waren als eine komfortablere Nachttopfvariante (daher auch der Begriff "Stuhlgang"). Es ist sogar bekannt, dass sogar Le Roi du Soleil Louis XVI von Frankreich, der ja aus all seinen Tätigkeiten eine Staatssache machte, auf dem Leibstuhl mit hohen Staatsbeamten und Vertrauten plauderte. (Kleine Anmerkung am Rande: in Versailles gab es keine einzige feststehende Toilette, obwohl dort immer der Teufel los war)

Bild via www.umdiewelt.de

Mit voller Blase rein und mit einem Haufen Informationen wieder raus.

Standort: Gürtelbogen 37-38, 1080 Wien

So wie im Titel genannt, geht es wohl jedem Nutzer der Toiletten am Gürtel aufsucht. Wir wollen ein besonderes Augenmerk auf die Toiletten in der Bar modern Rhiz werfen.Während die Ausstattung sehr spartanisch aber zweckdienlich gehalten ist (ein Waschbecken, Spiegel ohne Rahmen, ein WC, was jeweils nur durch eine dünne Wand vom „Vorraum“ getrennt ist, den dem höchstens eng gedrängt 3 Personen Platz finden), befindet sich an den Wänden ein wahres Sammelsurium an Flyern, Postern, Aufklebern oder Malereien. An diesen Wänden scheint sich nahe zu jeder verewigt zu haben der einmal die Rhiz Bar aufgesucht hat. Die Mehrheit der Verzierungen weist auf Veranstaltungen hin, aber vereinzelt findet man Aufkleber, die wohl durchdacht positioniert wurden und somit eine bestimmte Aussage haben. Beispielsweise klebt an der Türklinke ein Zahlenschloss oder am aufgeklappten Toilettendeckel ein Aufkleber mit der Aufschrift „Comfort Zone“. Dies zeigt, dass manche Personen ihre Kreativität in die freie Gestaltung der Toilette mit einfließen lassen. An sich ist die Toilette sehr schlecht beleuchtet, doch was man sehen muss wird gesehen(Flyer etc.) und was man nicht sehen muss bleibt verborgen(Schmutz). Die Toilette lädt also nicht unbedingt zum verweilen ein und erzählt trotzdem viele Geschichten. Interessant ist auch, dass die Plakate für Veranstaltungen und anderes immer mal wieder entfernt werden, sodass Platz für Neues geschaffen wird und der „Raum“ nicht noch kleiner wird ( ;) ). Die Veranstaltungsplakate und Programme werden zudem auch gezielt von Veranstaltern angebracht und nicht nur von Privatpersonen. Es wird hier also im Lokal für andere Etablissements geworben.

Somit wird in dieser Toilette auf andere Orte verwiesen an denen etwas stattfindet, oder an denen einst etwas stattgefunden hat, es werden andere Orte aufgerufen. Die gesammelten Werke verändern sich von einem zum andern Tag und beim Ritual des Händewaschens fließen Ideen und Interpretationen in den Raum hinein und werden mit hinausgenommen.




Ein individuelles Erlebnis, nicht nur für Opernliebhaber




Das Opernklo in der U-bahnpassage, Station Karlsplatz:

Diese semi-öffentliche Toilette sieht auch schon außen wie ein Opernsaal im Kleinformat aus und lädt dazu ein, sein Geschäft in gehobener, kultivierter Atmosphäre zu verrichten. Von außen wirkt es, als säße bzw. stehe man inmitten einer der besten Logenplätze mit bestem Blick auf die „Bühne“. Als Bühne ist hierbei der Eingang zu den Toiletten gemeint. Der Vorraum ist außerdem mit speziellem Licht, welches nur bei genauem Hinsehen zu erkennen ist, in Szene gesetzt. Zudem wird die Illusion des Opernbesuchs durch klassische Musik, natürlich von dem österreichischen Nationalheld schlechthin, Mozart, perfektioniert. Vermutlich ist es auch größtenteils der Musik zu verdanken, dass so viele Menschen dieses Klo aufsuchen. Ein Toilettenbesuch mit klassischer Musik ist offenbar für jeden etwas Neues und in Kombination der Opernfassade lässt man doch auch gerne mal 60 cent da. Ist der Preis einmal bezahlt und erfolgreich das Drehkreuz passiert, kann das Abenteuer Operntoilette eigentlich losgehen! Es lässt sich aber schnell feststellen, dass vor allem das Frauenklo relativ unspektakulär ist. Lediglich ein Bild am Ende des Raumes, Rosen und die Schilder „Loge1,2,3,…“ sind ein kleines, aber nicht zu aufregendes Highlight in dem sonst so schlich gehaltenen Toilettenraum. Die Männer haben dabei schon etwas mehr Action zu erwarten. Die normalen WC’s auch eher einfach gestaltet, brilliert vor allem der Raum, indem sich die Pissoirs befinden. Als „Toilet-Bar-Vienna“ bezeichnet ist es ein echtes Erlebnis, sich hier kurzzeitig aufzuhalten. Eine aus Fotografien simulierte Bar wirkt hier sehr einladend, vor allem weil das hier, wie draußen auf dem Schild vor der Operntoilette schon angekündigte, Klavier zu finden ist. Über den Pissoirs, die man hier fast schon als Barhocker bezeichnen könnte, befinden sich die „Getränke“ und „Gläser“ und man kann sogar Tafeln mit Getränkelisten entdecken. Leider stört hier nur ein wenig der Uringeruch, der selbst durch die Duftspender nicht klein zu kriegen ist. Generell kann man schon sagen, dass es ein Erlebnis ist, dieses Klo einmal zu besuchen, wenn auch für 60 cent für manche eventuell etwas überteuert.

Als Gemeinschaftsraum wie z.B. das WC des „Freiraum“ fungiert diese semi-öffentliche Toilette wohl eher nicht. Es ist eher als gesellschaftlich, individuelles Erlebnis anzusehen. Eine Attraktion, die man gern auch alleine genießen kann.

Zudem kann angemerkt werden, dass es auch hier zu einer Zweckerweiterung kam, da es ja in 1.Linie als Werbung für die Oper fungiert und vor allem Touristen in ihren Bann zieht. 60 Cent fände man wohl für eine normale, öffentliche Toilette eher überteuert und gäbe man auch vermutlich nicht so leichtfertig aus, nur um die Blase zu erleichtern.

Unserer Meinung nach könnte man auch das Opernklo als Ort bezeichnen, der einen 3.Ort begleitet, da es ja in gewisser Weise zur Oper gehört. Außerdem gehen wir auch davon aus, dass es überhaupt ein Ort ist, und nicht in die Kategorie „Nicht-Ort“ gesteckt werden sollte. Die Operntoilette ist in gewisser Weise künstlich mit Geschichte und Identität aufgeladen, durch den Aspekt, dass es ein Kleinformat der eigentlichen Staatsoper darstellt. Und auch hier sprechen wieder einige Punkte dafür, wie auch schon bei den anderen öffentlichen und semi-öffentlichen Toiletten, dass es sich hierbei um eine Heterotopie handelt, da hier ebenfalls mehrere Räume an einem einzigen Ort zusammenkommen. Oper und Toilette als Kombination hätte wohl so manch einer nicht erwartet.

Arlanda Airport Pissoirs


Diese Pissoirs befinden sich auf dem Arlanda Airport in Stockholm, einer der größten skandinavischen Flughäfen. Das Gestaltungskonzept basiert hier auf einer Kombination von Kunst, Architektur und Funktionalität. Dabei lag das besonderer Augenmerk auf dem Kontrast zwischen den Fotographien schwedischer Natur und dem Stil des Flughafengebäudes mit Stahlträgern, Glas und Zement, wobei der Nutzer in unmittelbarer Nachbarschaft zum Rollfeld seine Blase erleichtern kann und somit den Flugzeugen beim Einparken und Ausparken zuschauen kann.

Die Kategorisierung der Toilettenanlage ist dabei ein Nicht-Ort, da sie in einen anderen Nicht-Ort integriert wurde und dessen primäre Eigenschaften teilt. Zieht man Virilio zurande, so hat man in dieser Anlage eine doppelte Repräsentation von Medien: zum Einen die Fotographien und zum anderen die Flugzeuge, da Medien laut Virlio Fahrzeuge sind und der Übertragung von Geschwindigkeiten dienen. Gerade durch das Einbetten der schwedischen Landschaft in einen Ort, der sich vornehmlich durch die Zubettonierung und Zerstörung der Natur auszeichnet, resultiert wieder die Nebeneinanderstellung von sich gegenseitig ausschließenden Orten als Merkmal einer Heterotopie, denn es wird durch die Bilder auf etwas verwiesen, das von vorneherein abwesend sein muss, um die Funktion des Flughafens zu gewährleisten.

Dienstag, 8. Juni 2010

Public Urination auf Mexikanisch


Es ist gelb, klebt an der Wand und dient den Männern beim Austreten: Das Axixa-Urinal des mexikanischen Erfinders Miguel Melgarejo. Es kann kostengünstig, effektiv und einfach an fast jede Hausmauer montiert werden und soll genau wie das "Wheelie Bin Urinal" verhindern, dass in der Not an irgendeine Mauer gepinkelt wird. Ganz dem Zweck entsprechend, hat die Form einige Ähnlichkeit mit der Nutzungsweise und die pinkelgelbe Farbe wurde wohl auch nicht nur als Eyecatcher gewählt. Der Urin des Benutzers wird dabei durch eine Drainage in das Abwassersystem geleitet.



Das Axixa-Urinal ist dabei genau wie das "Wheelie Bin Urinal" nicht geeignet für Frauen und Behinderte (auch bei unpassender Körpergröße dürfte es schwierig werden) und fällt ebenfalls in die Kategorie der offenen öffentlichen Toiletten, da auch hier keine Art der Separierung statt findet. Aus diesem Grund wird es auch in den USA wohl nie zum Einsatz kommen ...

Nach Marc Augé wäre das Axixa als Nicht-Ort zu begreifen, denn es findet augenscheinlich keine Kommunikation statt, der Passant erledigt sein Geschäft auf der Durchreise und Geschichtlichkeit kann man maximal im Verwendungszweck sehen. Auch die Übergangsrituale nach Foucaults Heterotopiekriterien sind hier nicht anzutreffen und das Axixa steht ebenfalls nicht in Verbindung mit zeitlichen Brüchen.

Freiraum

Freiraum Standort: Mariahilferstraße 117, 1060 Wien


„Das Wort steht sinnbildlich für den Raum zur Entfaltung.“ (Wolfgang Jappel, Geschäftsführer, http://www.freiraum117.at)


Mit diesem Zitat und der Kamera in der Tasche, haben wir völlig durchnässt die Toilette des Wiener „Szenelokals“ Freiraum auf der Mariahilferstraße betreten. Ein reges Treiben herrschte im Vorraum der Toilettenkabinen. Während einzelne ihrer Blase Luft machen mussten, taten andere dies mit dem Ärger über ihrer Begleitung und diskutierten mögliche Annäherungsversuche. Wiederum andere verglichen die Qualität ihrer Regenschirme, zogen ihren Lidstrich nach oder versuchten ihre Füße trocken zu legen.

Bei näherer Betrachtung fiel uns auf, dass die Raumkonzeption des WCs die Entstehung einer solchen oder ähnlichen Kommunikation förderte: Mittig des großen Raumes steht ein rundes, mit Mosaiken bestücktes Waschbecken (Durchmesser ca. 1 Meter), welches keinen Kontakt zu einer Wand hat. Mittels Knopfdruck auf einen von sechs am Waschbecken angebrachten rot- beleuchteten Knopfes, aktiviert man die Brause über dem Waschbecken. Das Wasser kommt somit von oben herab. Dadurch können mehrere Personen gleichzeitig die Hände waschen und stehen sich dabei gegenüber bzw. nebeneinander. Diese Face-to-face- Situation begünstigt verbale aber auch non- verbale Kommunikation. Seitlich steht eine rosafabene Kommode im „used Look“ an der ein Spiegel angebracht ist, an dem mehrere Personen gleichzeitig Platz finden. Auf dieser kann man seine Tasche o.Ä. ablegen und sich im Spiegel betracheten . Der „used Look“ schafft eine heimische und mädchenhafte Atmosphäre in dem weitläufigen Raum. Über der Kommode hängt ein glänzender Kronleuchter. Neben starker Ausleuchtung (perfekt zum Stylen ;) ) machen viele runde Spiegel, in verschiedenen Größen, den „Waschraum“ aus fast jeder Perspektive einsehbar und vergrößern ihn optisch. Die Wand hinter den Spiegeln ist gefliest, andere Wände jedoch ziert zusätzlich noch pink gemusterte Tapete. Während dieser Teil der Toilette eher zum gemütlichen und auch kommunikativen Verweilen einlädt, sind die einzelnen Toilettenkabinen spartanisch aber edel, schick und sauber in schwarz gehalten (bis auf wenige Amaturen). Die Beleuchtung ist wesentlich gedämpfter als im Vorraum, vermutlich damit Schmutz nicht so leicht sichbar ist. Regelmäßige Kontrollen von Reinigungspersonal verwischen alle sichtbaren Spuren von fremden „Eindringlingen“ (keine Flyer, keine Werbung, kaum Müll), denn in den Toilettenräumen wie auch im gesamten Lokal wird auf eine kreierte Ordnung geachtet.


Wir wollten beweisen, dass man ein großes lokal schaffen kann, das dennoch den gast als eigene persönlichkeit, mit vielfältigen interessen und ansprüchen, anerkennt. und hier ist ein vielfältiges angebot und design notwendig. daher war es uns extrem wichtig, einerseits den raum in verschiedene bereiche zu unterteilen, aber vor allem auch gastronomisch ein so großes und differenziertes angebot zu haben.“ (http://www.freiraum117.at/)


Dieses differenzierte Angebot spiegelt sich in den Toilettenräumen ebenfalls wieder, weil dort (wie oben angeführt) verschiedene Arten des Designs vertreten sind. Wie bereits erwähnt wird in dieser WC-Anlage die Kommunikation und Interaktion der Benutzer gefördert. Durch die Anordnung der Ausstattung ermöglicht es dem Besucher, diesen gesellschaftlichen Raum gemeinschaftlich zu nutzen. Unserer Ansicht nach ist dieses WC als Dritter Ort zu bezeichnen bzw. begleitet einen Dritten Ort (das Lokal). Zusätzlich lohnt es sich anhand dieses Beispiels genauer auf das dritte Merkmal einer Heterotopie (Foucault) einzugehen.


„Heterotopien besitzen die Fähigkeit, mehrere reale Räume, mehrere Orte, die eigentlich nicht miteinander verträglich sind, an einem einzigen Ort nebeneinander zu stellen“ (Foucault: „Andere Räume“,1967. S.324)


Es bringt die einerseits sehr intime und persönliche Handlung der Verrichtung der Notdurft in Verbindung mit einer gesellschaftlichen bzw. auch gemeinschaftlichen Handlung und Situation. Hier befindet sich die Toilettenkabine neben dem großen „Waschraum“, der zur persönlichen Entfaltung und zur Kommunikation im öffentlichen Raum einlädt.



Montag, 7. Juni 2010

Die größte öffentliche Toilette der Welt



Die angeblich größte WC-Anlage ist diejenige in Chongqin in China mit 1.000 Toiletten und Urinalen auf 30.000 ft². Diese Anlage soll durch eine sehr kunstvolle Ausgestaltung und verschiedene Toiletten die Notdurft zu einer Art Erlebnis werden lassen. Dadurch, dass der oberste Stock der Toilette jedoch nicht überdacht ist, kann man von dem nahegelegenen Hügel die Benutzer bei ihrem Geschäft beobachten, was bereits für einigen Unmut gesorgt hat und einige Nutzer verscheucht hat, da gerade in China die Wahrung des Gesichts, in diesem Falle der Privatsphäre, essentiell wichtig erachtet wird.


Das Sammelsurium an Urinalen beherbergt dabei auch einige weltweit einzigartige Exemplare und selbst die Handwaschbecken sind für Chinas prüde Vorschriften sehr freizügig, wewegen erst kürzlich Unterhosen nachträglich hinzugefügt wurden.




Wem das alles als Entertainment beim Klogang noch nicht reicht, für den gibt es auch noch Musik und TV in den unteren Etagen.


Bilder via coke.posterous.com und news.xinhuanet.com

Wiens historische Bedürfnisanstalt


Am Graben im 1. Bezirk befindet sich die älteste unterirdische Toilette der Welt. Sie wurde 1905 von Wilhelm Beetz im Jugendstil errichtet und steht mittlerweile unter Denkmalschutz. Alles ist sehr luxoriös im Vergleich zu anderen öffentliche Toiletten eingerichtet, es wurde viel Messing verwendet, Marmor, ornamentaler Boden, große Spiegel und Strukturglas lassen den Raum großzügig wirken und auch das dunkle Holz errinnert an den Charme vergangener Zeiten. Um Vandalismus zu verhindern, gibt es auch hier Wachpersonal, das von dem Benutzer 50Cent für den Toilettengang verlangt - dafür sind die Klos aber auch tiptop sauber! Probleme treten wahrscheinlich nur wieder beim Finden auf, denn wer nicht weiß, wo sich dieses Klo befindet, läuft auf der Flucht vor lauter Touristenmassen gnadenlos daran vorbei, da es von außen total unscheinbar aussieht. Eine Nachbildung dieser Toilettenanlage befindet sich auch in der Irisgasse und am Hohen Markt (letzteres ist jedoch momentan gesperrt).

Sonntag, 6. Juni 2010

Genealogie des Klos 3 - Die Abtrittanbieter

Früher gab es ja allerhand ungewöhnliche Berufe, die mittlerweile total in Vergessenheit geraten sind - und das manchmal aus gutem Grund! Kaum einer würde heutzutage die Dienstleistung in Anpsruch nehmen, die die Abtrittsanbieter ab dem 18. Jahrhundert anboten, denn sie waren buchstäblich wandelnde Toiletten. Dies geschah in der Form von Eimern, die an einen Joch befestigt waren, das unter einem langen, weiten Mantel verborgen lag. Da es in verschiedenen Städten unter Strafe verboten war, einfach irgendwohin zu machen und die Kanalisation nocht nicht eingeführt worden war, dienten eben Abtrittanbieter als eine Art frühe mobile öffentliche Toilette ähnlich einem heutigen Dixieklo. Damit beim Herbeieilen zu den Bedürftigen nichts überschwappt, hatten die Eimer einen Deckel. Der Benutzer setzte sich folglich auf einen der beiden Eimer und verrichtete gegen ein Entgeld sein Geschäft nur unter dem Schutz des Mantels, bei dem der Kopf noch gut zu erkennen war. Mit dem Aufkommen der ersten an die Kanalisation angeschlossenen Toiletten verschwand dieser Beruf wieder von der Bildfläche.

Bilder via www.jenanews.de

Wiens Toiletten - The Sequel





Wie in jeder Großstadt, gibt es auch in Wien Orte, die Opfer von lokalen Klosprüchen und Graffitis werden. Das Mitteilungsbedürfnis scheint an diesem öffentlichen WC dabei vorrangig die Anpreisung sexueller Handlungen, beziehungsweise eine sexuelle Kontaktbörse zu sein, wobei jeder in bester Twittermanier etwas an die Wände kritzeln kann (inklusive Handynummer). Zeitliche Brüche gemäß Foucault sind somit von vorneherein vorprogrammiert, wenn eine öffentliche Toilette zu einem Mitteilungsort umfunktioniert wird und das Wasserlassen zweitrangig wird. Selbst ein gelber Flyer, der über eine bereits vergangene Demo informiert ist unter den Buchstaben der Sexkontakte ("SKLAVE SUCHT ERZIEHER", "mache ALLES") noch vage zu erkennen und vereinzelt kann man politische Botschaften ausfindig machen ("TOD für polizei korrupte SCHWEINE"), wobei gerne Großbuchstaben als Betonung verwendet werden. Platz an Wand und Türe sind hart umkämpft und so wird einfach über den Spruch eines anderen mit einer anderen Farbe drüber geschrieben. Dem Zustand und Aussehen des Klos nach zu urteilen, wird dieser Ort mittlerweile fast ausschließlich für die Verewigung an den Toilettenwänden aufgesucht und auch das Intersse der Stadt, das Klo zu Pflegen tendiert wohl gegen Null.
Wenigstens kann die örtliche Graffitiforschung noch einen Nutzen daraus ziehen ...

Genealogie des Klos 2 - Das Mittelalter

Mit dem Einzug des Christentums wurde auch Körperhygiene als Eitelkeit verteufelt, da die "Verehrung des Körpers" durch Körperpflege laut der Kirche als sündhaft galt. Gewaschen haben sich Mönche deswegen auch nur 2x im Jahr - aber gerade für die männliche Bevölkerung gab es sogenannte Badehäuser (mehr ein Freudenhaus getarnt als Badehaus), in denen man(n) nackt badete und die selbstverständlich ein Dorn im Auge der Kirche waren. Aber auch Arme konnten in den Genuss eines Bades kommen, da es Stiftungen hierzu gab.
Diese Badekultur starb jedoch im 16. Jahrhundert völlig aus, da Seuchen und die Übetragung von Geschlechtskrankheiten oftmals mit dem Badehaus in Verbindung gebracht wurden.

Die Idee von öffentlichen Toilettenanlagen, wie sie im römischen Reich üblich waren, ist wohl im Zuge der Völkerwanderung verloren gegangen. So benutzte man im Mittelalter entweder eine Art Nachttopf oder verrichtete sein Geschäft unterwegs an Ort und Stelle.
Nur der höhere Adel hatte meistens einen Abort irgendwo an seiner Burg, also ein Plumsklo in einem Erker, bei dem die Notdurft entlang der Mauer in die Tiefe fiel. Das muss zum einen ziemlich kalt im Winter gewesen sein und auch nicht immer ganz geruchsfrei, besonders im Sommer. Klopapier gab es natürlich auch keines und auch Unterhosen waren meistens nur den Herren der Schöpfung vergönnt.

Bild via www.burgenseite.com/abtritt/abtritt_txt.htm

Heterotopie oder Nicht-Heterotopie, das ist hier die Frage!

Unsere Aufgabenstellung lautete "Untersuchen Sie eine Heterotopie der Gegenwart" - Voraussetzung ist also das Heterotopie-Sein von öffentlichen Toiletten, folglich das Erfüllen möglichst vieler Merkmale. Um dieses Sein festzuhalten, betrachten wir noch einmal die sechs Merkmale, die Foucault in seinem Text "Von anderen Räumen" festlegt und wenden sie nach Möglichkeit auf öffentliche Toiletten an.

  1. Foucault legt in seinem ersten Grundsatz fest, dass Hetereotopien in allen Kulturen zu finden sind: "Es handelt sich hierbei um eine Konstante aller menschlichen Gruppen." (S.312) Wir sind uns darin einig: In allen Kulturen gibt es Möglichkeiten seinem „Druck“ zu entkommen und das auch, wenn man sich nicht in den eigenen „vier Wänden“ aufhält. Standart und Art der Institutionen (falls es denn welche sind) variieren
    stark. Jedoch führt er seinen Grundsatz weiter aus und spricht von Abweichungs-oder Krisenheterotopien. Unserer Meinung nach ist die öffentliche Toilette weder eine Krisenheterotopie, denn es handelt sich ja in diesem Kontext nicht um einen heiligen oder verbotenen Ort, noch ist sie eine Abweichungsheterotopie, da sie ja nicht als Ort für Menschen fungiert, „deren Verhalten vom Durchschnitt oder von der Norm abweicht“ (S.322).


  2. Befasst man sich nun mit dem zweiten Grundsatz, so scheint dieser bei öffentlichen Toiletten verwirklicht. Heterotopien, so Foucault, sind nicht statisch, sondern historisch wandelbar, also Ort gewordene gesellschaftliche Ideen. Diesen Grundsatz halten wir hier für voll erfüllt. Die öffentlichen Toiletten gibt es in jeglichen Variationen, wie auch auf unserem Blog zu finden. Außerdem kann auch ein Wandel bis zum Hier und Jetzt festgestellt werden, was gegen den Aspekt des Statischen und somit für den zweiten Grundsatz spricht.


  3. Foucault führt die Fähigkeit an „mehrere reale Räume, mehrere Orte, die eigentlich nicht miteinander verträglich sind, an einem einzigen Ort nebeneinander zu stellen“ (S.324). Öffentliche Toiletten erfüllen teilweise diese Funktion, da sie nicht nur dazu da sind, sich erleichtern zu können, sondern oftmals trifft man in diesen Toiletten auf ganz ungeahnte Informationen. Die Wände sind nicht selten mit Flyern beklebt, die auf anstehende Parties oder Veranstaltungen aufmerksam machen. Zudem gibt es auch ab und zu Suchanfragen für Wohnungen oder Angebote für Nachhilfen, Musikunterricht oder Sonstiges. Hier treffen also in einem Raum mehrere Orte aufeinander. Dies trifft natürlich nicht auf jede öffentliche Toilette zu, womit der dritte Grundsatz nur teilweise erfüllt ist.

  4. Weiterhin führt Foucault in seinen Überlegungen die Verbindung mit zeitlichen Umbrüchen an. Nun fragt man sich natürlich, was öffentliche Toiletten mit zeitlichen Umbrüchen zu tun haben. Jedoch erkennt man in den Anführungen seiner Beispiele gewisse Punkte, die auch auf Toiletten anzuwenden sind, da sie eigentlich in gewisser Weise als Heterotopien der Zeit, wie z.B. Museen oder Bibliotheken anzusehen sind. Natürlich nich in derselben Zeitspanne, aber auch hier ist die Zeit an einem Ort akkumuliert. Graffiti, Sprüche, Zeichnungen, ja selbst wenn es nur ein schlichtes "Ich war da!" ist: Die Toilettenwände fungieren hier als eine Art Archiv. Und jeder ist prinzipiell in der Lage dieses Archiv zu erweitern.

  5. Foucault sagt, Heterotopien setzten stets ein “System der Öffnung und Abschließung voraus, das sie isoliert und zugleich den Zugang zu ihnen ermöglicht“ (S.325). Eigentlich muss man auch bei öffentlichen Toiletten Eingangsrituale absolvieren. Es kann dazu kommen, dass man sich anstellen muss und im Normalfall ist es auch nötig, zumindest ein bisschen Kleingeld für die Putzfrau dazulassen. An Raststätten muss man sogar eine Schranke passieren, die sich erst nach dem Einwurf von 50 Cent öffnen lässt. Semi-öffentliche Toiletten setzen meist das Mitglied und/ oder Gastsein voraus (Beispiel Restaurant, Sporthalle).

  6. Das letzte Merkmal, welches im Text angeführt wird, das Heterotopien "einen illusionären Raum schaffen, der den ganzen realen Raum und alle realen Orte, an denen das menschliche Leben eingeschlossen ist, als noch größere Illusion entlarvt. [...] Oder sie schaffen einen anderen Raum, einen anderen realen Raum, der im Gegensatz zur wirren Unordnung unseres Raumes eine vollkommene Ordnung aufweist." (S. 326) Unserer Meinung nach stellen heutige öffentliche Toiletten ein materiell gewordenes, gesellschaftliches Ideal dar, das die Naturbedürfnisse des Menschen auslagert und an einen abgeschiedenen Ort verbannt, an dem man nur für die Dauer seiner Notdurft verweilt und den man danach gleich wieder verlässt. Öffentliche Toiletten müssen dabei nicht zwangsläufig eine völlige Ordnung aufweisen, aber sie lassne in gewisser Weise die unnatürliche Lebensweise und die artifizielle Absonderung des Menschen von der Natur erkennen, weshalb der erste Punkt unserer Meinung nach als erfüllt anzusehen ist.



Die eindeutige Zuordnung ist meist nur schwer möglich und meistens nicht eindeutig. Es liegt großteils im Auge des Betrachters, ob die Punkte übertragen auf öffentliche Toiletten als erfüllt oder nicht erfüllt angesehen werden. Die von uns gewählten Toiletten erfüllen meist einen Großteil der Merkmale und werden von uns daher als Heterotopien betrachtet.


Samstag, 5. Juni 2010

Die Klomülltonne



Dieses experimentelle Pissoir in der Form einer Mülltonne soll in Zukunft an Partymeilen das öffentliche Urinieren an Häuserecken unterbinden. Das ganze nennt sich "Wheelie Bin Urinal" und ist eine Erfindung des Designers Stephan Bischof. Es wurde ursprünglich zusammen mit anderen Gegenständen für die Londoner Innenstadt konzipiert, um assoziales Verhalten einzudämmen. Im Inneren des Wheelie Bin Urinals befindet sich eine Art Filtersystem, die den Urin in Kombination mit einer anderen Komponente in einen Bio-Dünger verwandelt.



Durch seine Mülltonnenform fügt sich dieses Urinal perfekt in das Stadtbild ein und bietet gleichzeitig eine legale Möglichkeit, Wasser zu lassen, wenn der Druck in der Blase steigt, ohne dafür die Grundstücke der Anrainer in Mitleidenschaft ziehen zu müssen. Die nützliche Komponente tritt dabei in doppelter Weise auf: Zum einen soll illegale "Public Urination" verhindert werden, zum anderen wird der Urin nicht als Abfallprodukt gehandhabt, sondern erhält noch eine nachhaltige Funktion.

Auch auf dieses Pissoir wird mit der medialen Hilfe eines Piktogramms aufmerksam gemacht, doch gibt es hier keine Zugangsvoraussetzung, wie bei einer semi-öffentlichen Toilette. Das Wheelie Bin Urinal stellt eine neue Umdeutung einer alten gesellschaftlichen Idee dar und kann zweifelohne als eine offene öffentliche Toilette charakterisiert werden. Es werden auch hier wieder verschiedene Dinge miteinander in Verbindung gebracht, die normalerweise unverträglich wären, da die Gesellschaft direkt beim Vorgang des Wasserlassens in unmittelbarer Nachbarschaft anwesend ist und der Benutzer sich in keiner Weise von der Öffentlichkeit separiert. Gerade das Umwandeln des Urins ist somit eine Reversion hin zurück zur Natur, da der entfremdete, von der Kultur domestizierte, ursprünglich natürliche Vorgang wieder eine Vereinigung mit seinem Ursprung erfährt.

Genealogie des Klos 1 - Die alten Römer

Für uns stellt das WC eine Annehmlichkeit dar, die man im Vergleich zu anderen Zeitaltern nicht mehr missen will. Doch wie sah die Klokultur in anderen Zeiten aus? Gab es dort auch schon öffentliche Toiletten?

Bei den alten Römern spielte die Hygiene im spätrömischen Reich eine große Rolle, was sich beispielsweise an der ausgeprägten Badekultur erkennen lässt. Doch kaum jemand hatte ein eigenes Klo in seinem Haus und fließendes Wasser war auch nur ein Luxus für einige wenige. Aus diesem Grund verfügten Städte über Brunnenanlagen und auch öffentliche Latrinen, die jedoch gemessen an der Zahl der Einwohner nie ausreichend waren, weshalb in den Häusern der Plebs immer auch Eimer für das Geschäft bereit standen, die einfach auf die Straße gekippt wurden. Gemessen daran, ist es auch kein Wunder, dass sich Krankheiten, Ungeziefer und Plagen rasant ausbreiteten. Vergleicht man nun den Toilettenkübel mit den öffentlichen Toiletten, so wird man feststellen, das diese doch mehr Komfort boten, zumindest für die Mittelschicht: eine öffentliche Toilettenanlage bestand aus einer langen Bank mit Löchern, unter der eine Art Wasserspülung die Notdurft beseitigte. Geschlechtertrennung gab es jedoch in den seltensten Fällen und der einzige Sichtschutz vor den bis zu 79 anderen Nutzern war das jeweilige Gewand, das man trug. Oftmals wurde auch hier eine Nutzungsgebühr fällig, sodass man selbst diese Anlagen als semi-öffentlich im Sinne einer Zugangsbeschränken charakterisieren könnte, da sie die Plebs ausschlossen.

Des Weiteren gab es noch öffentliche Urinale, meistens in der Form von Amphoren, deren Inhalt die Gerber für ihre Arbeit nutzten oder man bediente sich einfach einer Häuserecke. Auch eine Art Hockabort, der besonders in den Gebieten des heutigen Spaniens und Frankreichs verbreitet war, war bereits bekannt.

Da den Feldführern der Zusammenhang zwischen unzureichender Hygiene und Seuchenausbreitung bekannt war, gab es in jedem römischen Kastell eine Latrine für die Soldaten. Wie soll man denn auch Krieg führen und Reiche erobern, wenn die halbe Armee im Krankenstand ist?

Bild via www.sewerhistory.org